Johannes Hesse ist mit Leib und Seele Landwirt. Sein Ziel: Hochwertige und unbedenkliche Lebensmittel produzieren. Als Leiter der Kartoffelproduktion in der Agrargenossenschaft “Wesenitztal” verantwortet er 72 Hektar die mit Pflanz- und Speisekartoffeln bewirtschaftet werden. Dem 26-jährigen liegt dabei am Herzen, dass vor allem die jüngeren Menschen wieder einen stärkeren Bezug zur Landwirtschaft finden und ist daher über jede Kindergarten- und Schulgruppe auf dem Feld sehr erfreut.
Das Interview mit Johannes Hesse wurde von Ariane Weiß, Geschäftsführerin des Sächsischen Kartoffelverbandes e.V. im Rahmen der Reihe // Mitglieder im Interview // geführt. Die Agrargenossenschaft „Wesenitztal“ Dürrröhrsdorf e.G. ist bereits seit 1991 Mitglied im Sächsischen Kartoffelverband e.V.
Im Interview - Johannes Hesse, Agrargenossenschaft "Wesenitztal" Dürrröhrsdorf e.G.
Herr Hesse, Sie haben vor 3 Jahren die Leitung des Bereichs Kartoffelproduktion übernommen. Da waren Sie gerade mal 23. Haben junge Leute heute noch eine Perspektive in der Landwirtschaft?
Auf jeden Fall! Der Fachkräftemangel ist auch in der Landwirtschaft angekommen und in vielen Betrieben steht der Generationswechsel an. Ich selbst habe in der Agrargenossenschaft Dürrröhrsdorf gelernt. Heute bin ich für die Azubis in meinem Bereich zuständig und kann sie mit meiner Begeisterung für die interessanten, abwechslungsreichen und naturverbundenen Tätigkeiten anstecken.
Im Bereich Pflanzenproduktion haben wir diesen Generationswechsel in den letzten Jahren bereits bestritten. In unserer Tierproduktion steht er noch an – aber der Anfang ist gemacht.
Wie sehen Sie die gesellschaftliche Diskussion über die Landwirtschaft?
Ich komm nicht umhin festzustellen, dass ein Großteil der Bevölkerung den Bezug zur Landwirtschaft verloren hat. Deshalb ist es für uns Landwirte umso wichtiger den Leuten die Landwirtschaft wieder ein Stück näher zu bringen. Das fängt schon im Kindesalter an. So sind wir immer wieder erfreut, wenn sich der Kindergarten und Grundschule zu einem Besuch anmeldet. In der Presse liest man leider allzu oft nur Negativnachrichten über die Landwirtschaft. Das muss sich unbedingt ändern!
Wie werden bei Ihnen im Betrieb Kartoffeln angebaut?
Unsere Agrargenossenschaft wirtschaftet auf konventionelle Art, dabei bauen wir die Kartoffeln im sogenannten schottischen Verfahren an. Alles beginnt im Frühjahr mit dem Einarbeiten der Winterzwischenfrucht. Im Anschluss wird der Boden mit dem Grubber zweimal tief bearbeitet. Ab einer Bodentemperatur von 8°C wird mit dem Pflanzen begonnen. Mit einem „Beetformer“ wird ein 1,8m breiter Damm geformt, ähnlich einem Spargeldamm. Dieser wird dann mit einer Maschine – dem Separator – aufgenommen, die Erde gesiebt und so von Steinen und Kluten befreit und wieder als Damm abgelegt. In einen Damm werden je zwei Reihen Kartoffeln gelegt. Das Verfahren ist sehr aufwendig, aber der Aufwand lohnt sich. Dadurch erreichen wir eine gleichbleibend hohe Qualität und beschädigungsarme Knollen.
Welche Kartoffeln sind Ihr liebstes Kind – die Speise- oder der Pflanzkartoffeln?
Für mich sind beide sehr wichtig. Zum einen die Speisekartoffeln die wir direkt und regional vermarkten. Es ist mir ein persönliches Anliegen gesunde Nahrungsmittel mit hoher Qualität zu erzeugen. Zum anderen die Pflanzkartoffeln die für all das die Grundlage und Vorrausetzung sind. Nur mit gesundem hochwertigen Pflanzgut lassen sich auch gute Speisekartoffeln mit hohen Erträgen erzeugen.
Welchen Beitrag leisten Sie bei der Kartoffelproduktion für Umwelt, Natur und Klima?
Ich versuche den Einsatz von chemischem Pflanzenschutz soweit wie möglich zu reduzieren. Dies gelingt nur, wenn wir ideale Bedingungen für die Pflanzen schaffen durch sehr vielfältige Pflanzenbauliche Maßnahmen. So bauen wir zum Beispiel Zwischenfrüchte und Blühflächen an und gestalten eine weite, abwechslungsreiche Fruchtfolge.
Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf den Betrieb?
Durch Corona hat der Absatz von Speisekartoffeln im Bereich Gastronomie stark abgenommen, dadurch ist der Preisdruck gewachsen. Auf der anderen Seite ist die Vermarktung über andere Hofläden etwas zugenommen. Leider können wir nicht alle Kartoffeln über diesen Weg vermarkten. Unsere Betriebskantine musste zwar nicht schließen, aber durch die Schul- und Kitaschließung ist auch hier der Absatz stark eingebrochen.
Besteht bei Ihnen die Möglichkeit, Kartoffeln direkt ab Hof zu kaufen?
Leider haben wir keinen Hofladen, aber der Verkauf von Kartoffeln findet direkt im Lagerhaus in Stürza statt. Frischer geht es also kaum.
Was passiert aktuell im Betrieb in Hinblick auf die Kartoffelproduktion?
Zurzeit ist die Aufarbeitung des Pflanzgutes im vollen Gange. Die ersten Knollen wurden bereits an die Kunden geliefert. Parallel dazu läuft die Direktvermarktung der Speisekartoffeln natürlich weiter um unsere Kunden mit frischer Ware zu versorgen.
Und zum Schluss, die Frage zum Genuss: Welche ist Ihre Kartoffel-Lieblingssorte und wie essen Sie Kartoffeln am liebsten?
Ich habe zwei, die mehlige Afra und die feste Belana. Die Afra eignet sich ideal für den Kartoffelbrei als Beilage für zahlreiche Gerichte. Als Bratkartoffeln für das Bauernfrühstück nehme ich die Belana.
Die Agrargenossenschaft "Wesenitztal" im Überblick
Betriebsform: Agrargenossenschaft
Betriebsleitung: Vorstand – Michael Steglich, Susanna Herzog, Ines Kahnt
Wirtschaftsweise: konventionell, Ackerbau/ Milchviehverbund Betrieb
Mitarbeitende: 40 , davon Auszubildende: 6
Ausbildung in den Berufen: Landwirt/in, Fachpraktiker/in Landwirtschaft, Tierwirt/in
Kulturarten im Anbau: Gerste, Weizen, Roggen, Braugerste, Hafer, Raps, Sonnenblumen, Mais, Kartoffeln und mehrjährige Blühflächen
Anbaufläche gesamt / Kartoffelanbaufläche: Die Agrargenossenschaft verfügt über eine Anbaufläche von 1300 Hektar. Davon ca. 1000 Hektar Ackerfläche und 300 Hektar Grünland. Es werden 72 Hektar mit Kartoffeln bepflanzt. 12 Hektar werden Speisekartoffeln angebaut und 60 Hektar Pflanzkartoffeln.
Anbaupause: 6 Jahre (Anbau aller 7 Jahre)
Tierzahl: ca. 500 Milchkühe + ca. 500 Nachzuchttiere und Kälber
Besonderheiten beim Kartoffelanbau und Lagerung:
- Schottisches Beetanbauverfahren
- Sogenannte Gesundlage für die Pflanzguterzeugung
- Vier Lagerabteile
- Technische Be- und Entlüftung
- Lagerung aller Kartoffeln in Einzelboxen – sogenannten Paletten
- Lagerung der Kartoffeln ohne Keimhemmungsmittel
- Anwärmen von Speisekartoffeln vor der Sortierung für eine schonende Aufbereitung
Meilensteine des Kartoffelhofes
1990 Gründung Agrargenossenschaft „Wesenitztal“ Dürrröhrsdorf e.G.
2001 Neuanschaffung Sortieranlage
2001 Umstellung auf Schottisches Verfahren
2003 Gründung Kartoffellager Stürza GmbH
2003 Umzug ins Kartoffellager Stürza
2004 Zertifizierung des Kartoffelanbaus nach „Qualität- und Sicherheitsstandard“ (QS)
2014 Zusammenschluss Kartoffellager Stürza GmbH und Agrargenossenschaft
2019 Anschaffung einer neuer Abpackwaage