Im August 2021 feiert die Landwirtschaftsbetrieb Kitzscher GmbH das 30-jährige Betriebsjubiläum. Ein Grund zur Freude, trotz derzeitiger Corona-Sorgen-bedingter schlafloser Nächte, für Geschäftsführer Kevin Frost und seine 32 Mitarbeitenden.
Der in der Region aufgewachsene 34-jährige Geschäftsführer, übernahm 2013 die Verantwortung für die komplette Pflanzenproduktion und führt nun bereits seit drei Jahren den Landwirtschaftsbetrieb Kitzscher und das Tochterunternehmen Landhof Kitzscher GmbH. Als Kartoffelerzeuger betreibt der Landwirtschaftsbetrieb Kitzscher GmbH auf rund 350 Hektar den Anbau von Kartoffeln. 32 verschiedenen Sorten Pflanzkartoffeln werden für verschiedene Züchterhäuser vermehrt oder als Speisekartoffeln angebaut. Im betriebseigenen Kartoffellagerhaus werden die jährlich rund 15.000 Tonnen Speise- und Pflanzkartoffeln gelagert, eine optoelektronische Sortieranlage übernimmt die Sortierung der Pflanzkartoffeln und nach der Abpackung vor Ort geht es u.a. direkt in den betriebseigenen Hofladen zum Verkauf.
Nicht nur für die Region, auch für den Landwirt ist die Direktvermarktung ab Hof wichtig, denn zum einen kaufen die Kunden die Kartoffeln am liebsten dort, wo sie herkommen und zum anderen kann der Landwirt im direkten Kontakt das Vertrauen der Verbraucher:innen gewinnen und darüber informieren, wie eine nachhaltige Produktion von Lebensmittel mit moderner Technik gelingt.
Das Interview mit Kevin Frost wurde von Ariane Weiß, Geschäftsführerin des Sächsischen Kartoffelverbandes e.V. im Rahmen der Reihe // Mitglieder im Interview // geführt. Der Landwirtschaftsbetrieb Kitzscher GmbH ist bereits seit 1991 Mitglied im Sächsischen Kartoffelverband e.V.
Im Interview – Kevin Frost, Landwirtschaftsbetrieb Kitzscher GmbH
Was ist Ihre oberste Divise/ Ihr Leitgedanke?
Die Produktion nachhaltiger Lebensmittel mit moderner Technik/ Arbeitsweisen in Zusammenspiel mit traditionellen Gepflogenheiten.
Wie sehen Sie die gesellschaftliche Diskussion über die Landwirtschaft?
Die Diskussionen rund um die Landwirtschaft ist derzeit sehr emotional aufgeheizt und wird wenig sachlich und fachlich basiert geführt. In den letzten Jahren haben wir Landwirte unser Tun und Wirken im Einklang mit der Natur und gesellschaftlichen Forderungen modernisiert. Doch leider haben wir es versäumt, darüber zu reden und unser Tun zu erklären. Nun sehen wir uns mit pauschalen Vorwürfen konfrontiert (z.B. Anklage Zerstörung der Biodiversität, Verursacher von Insektensterben, Grundwasserverschmutzung). Dabei geht es in unserer Arbeit doch darum, dass wir saubere und gesunde Lebensmittel produzieren und das geht nur, wenn wir Pflanzen vor Krankheiten schützen und sie mit den nötigen Nährstoffen versorgen.
Wir müssen es schaffen das Vertrauen der Verbraucher zurück zu gewinnen, indem wir erklären, warum und wie wir Pflanzen, Tiere, Boden und die Natur schützen. Wir wollen insbesondere den Kindern zeigen, wie Landwirtschaft funktioniert, wie die Kartoffel oder das Korn für das tägliche Brot wächst.
Noch mehr als eine sachliche gesellschaftliche Diskussion ersehnen wir uns die Loslösung der Gesetzgebung von polarisierendem, polemischen Parteiengerangel und eine Rückkehr auf die sachliche und wissenschaftliche Ebene. Unser Betrieb ist stark betroffen von den Auflagen für sogenannte „rote Nitratgebiete“ und das obwohl wir nicht die Verursacher erhöhter Nitratwerte sind, unsere bedarfsgerechte Düngungspraxis nicht zur Nitratauswaschung führt und die Eignung der Messstellenstandorte nicht erwiesen ist. Weitere Verordnungen sind zu erwarten, deren Wirksamkeit und deren Nutzen für den Insektenschutz und die Biodiversität zwar nicht sicher sind, die uns in unserer Arbeit aber stark einschränken werden.
Wie werden bei Ihnen im Betrieb Kartoffeln angebaut?
Die wichtigste Frucht in der ganzen Fruchtfolge ist für uns die Kartoffel.
Als Vorfrucht (im Jahr zuvor) bauen wir Weizen an. Wir säen eine Weizensorte, die das Feld zeitig räumt, damit der nachfolgende Zwischenfruchtanbau genügend Zeit hat, sich zu entwickeln. Wir stellen vor all unsere Kartoffeln eine Zwischenfrucht zur Bewuchsabdeckung im Winter. Die Zwischenfrucht dient außerdem der Verbesserung der Bodenstruktur, dem Aufbau von Humus und der Speicherung von Nährstoffen. Das Umbrechen der Zwischenfrucht und die Einarbeitung der Biomasse bei entsprechender Witterung. Beste Erfolge haben wir mit Kelly Kettenegge bei Kahlfrost gemacht. So können wir auf ein Herbizid verzichten.
Die bodenschonende Tiefenlockerung des Bodens bis ca. 30 cm erfolgt mit Zugmaschinen mit Raupenlaufwerk und Grubber.
Durch Fräsen der Kartoffeldämme mit zusätzlicher Lockerung des Bereiches unter der Kartoffel bereiten wir ein feinkrümeliges Pflanzbett.
Beim Legen der Kartoffel geben wir den Kartoffeln Mikrogranulat als Startdünger und beizen die Knollen als Schutz vor Pilzkrankheiten.
Die Pflege und Düngung der Kartoffeln richten sich nach dem Bedarf der Sorte und ob es sich um Speise-, Pflanz- oder Stärkekartoffeln handelt
Auch bei der Ernte der Kartoffeln mit sogenannten „Selbstfahrer“ hat die Boden- und Kartoffelschonung Priorität.
Bei der Annahme der geernteten Kartoffeln im Lagerhaus trennen wir die Kartoffeln von Erde und Steinen mit dem Agrisep-Gerät, das elektronisch und für die Kartoffeln sehr schonend arbeitet. Außerdem werden die Kartoffeln auch per Hand verlesen.
Wir lagern die Kartoffeln bevorzugt in Kisten. Die für Pflanzkartoffeln und Speisekartoffeln getrennten Lagerhallen sind mit Unterflurbelüftung ausgestattet. Eine Besonderheit ist unsere optoelektronische Sortieranlage zur Aufbereitung der Pflanzkartoffeln. Hier übernehmen Kameras die Sortierung nach Größenfraktion und Qualität.
Welche Kartoffeln sind Ihr liebstes Kind – der Speise- oder der Pflanzkartoffeln?
Wenn ich es mir recht überlege: die Pflanzkartoffeln, obwohl wir auf Speisekartoffeln als auch auf Pflanzkartoffeln spezialisiert sind. Mit Pflanzkartoffeln beschäftigt man sich intensiver. Zum einen sind der Aufbau von Kompetenzen für eine erfolgreiche Pflanzkartoffelvermehrung im Unternehmen, die jährliche Planung der Vermehrung, die Entscheidung, welche Sorte mit welchen Eigenschaften zum eigenen Betrieb passen, anspruchsvoll und aufwendig aber zugleich eben auch spannend. Zum anderen hängt der Erfolg oder Misserfolg in hohem Maß von den sich jährlich ändernden natürlichen Bedingungen ab, auf die wir keinen Einfluss haben. Außerdem sind für Pflanzkartoffeln zusätzliche Beobachtung, Pflege- und Selektionsarbeitsgänge in der Saison notwendig.
Was tut der Betrieb für Umwelt, Natur und Klima?
Wir als Landwirte tun per se viel für unsere Natur, wir erhalten sie als Kulturlandschaft. Wir setzen moderne Technik ein, arbeiten mit Satelliten um unseren Dünger und Pflanzenschutz bedarfsgerecht und punktgenau den Pflanzen zur Verfügung zu stellen. Wir schließen Kreisläufe, in dem wir unsere angebauten Futtermittel den Kühen als hochwertiges regionales Futter zu Verfügung stellen und anschließend unsere Felder wieder mit organischem Dünger versorgen können.
Bei der Erzeugung von Milch und Fleisch anfallende Gülle läuft bei uns erst einmal durch die Biogasanlage und es wird nachhaltiger Strom erzeugt, bevor sie als wertvolles Gärsubstrat wieder auf die Felder kommt.
Was liegt zur Zeit an? Was passiert aktuell im Betrieb?
Jetzt im Frühjahr überschlagen sich die Arbeiten. Alles will zur selben Zeit erledigt werden:
Aufbereitung, Verpackung und Auslieferung der Pflanzkartoffeln für die Auspflanzung
Legen von Kartoffeln: wir beginnen mit den Speisekartoffeln, im Anschluss dann die Pflanzkartoffeln
Düngung: Ausbringung von Gärsubstrat und Mineraldünger nach Bodenuntersuchungen und Bedarfsermittlung
Pflanzenschutz: z.B. den Raps, der jetzt die Knospen bildet, vor dem Rapsglanzkäfer schützen
Was ist das Besondere an Ihrem Hofladen?
Unser Hofladen ist saisonal geöffnet: im Frühjahr verkaufen wir eigene Pflanzkartoffeln und Jungpflanzen und Sämereien für den Garten und im Herbst dann Speisekartoffeln für die Einkellerung und Futterkartoffeln.
Seit letztem Jahr haben wir vor dem Lagerhaus aber auch einen Automaten, auf den wir besonders stolz sind. Hier kann man rund um die Uhr regionale Produkte einkaufen. Das Automatenangebot „wächst“ ständig mit neuen Produkten: neben unseren eigenen festkochenden, vorwiegend festkochenden und mehligen Speisekartoffeln in 5 und 10 kg Abpackungen, Futterkartoffeln und dem eigenen Rapsöl bieten wir auch Eier vom Bauer Kretzschmar aus Borna, Zwiebeln von der Agrargenossenschaft Pötzschau und Honig von der Imkerei Hermann aus Steinbach an. Bald kommt noch hofeigener Kartoffelschnaps dazu
Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf den Betrieb?
Die Sorge „Wie halte ich in der Corona-Pandemie den Betrieb am Laufen“ hat mir viele schlaflose Nächte beschert. Seit einem Jahr bedeutet es auch für uns einen erhöhten Aufwand, die Hygiene- Abstandsregeln umzusetzen, die Arbeitsabläufe in Teams zu organisieren und auf die veränderte Nachfrage nach Kartoffeln zu reagieren. So haben wir am Anfang der Pandemie z.B. in einer Feuerwehraktion Kartoffeln geliefert, um die Versorgung der Supermärkte mit Kartoffeln zu sichern.
Und zum Schluss, die Fragen zum Genuss: Welche ist Ihre Kartoffel-Lieblingssorte und wie essen Sie Kartoffeln am liebsten?
Ich mag die Sunita. Als Multitalent ist Sunita für Pommes und Kartoffelbrei gleichermaßen geeignet und ist meines Erachtens nach eine unterschätze Kartoffelsorte. Am liebsten esse ich sie als Kartoffelbrei.
Der Landwirtschaftsbetrieb Kitzscher GmbH im Überblick
Betriebsform: GmbH mit zwei 100 %-igen Tochterunternehmen – Landhof Kitzscher und Biohof Kitzscher GmbH
Betriebsleitung: Kevin Frost
Mitarbeitende: 28 +3 Azubis +1 Berufsakademie-Student
Ausbildung in den Berufen: Landwirt/in, Fachpraktiker/in Landwirtschaft
Kulturarten im Anbau: Gerste, Weich- und Hartweizen, Silomais, Raps, Lupine, Speise-, Pflanz- und Stärkekartoffeln, Futterrüben
Anbaufläche gesamt / Kartoffelanbaufläche: Wir verfügen über eine Anbaufläche von 2400 Hektar. Davon werden 260 Hektar mit Kartoffeln bepflanzt – 110 Hektar werden Speisekartoffeln angebaut und 150 Hektar Pflanzkartoffeln.
Anbaupause: 4 Jahre (Anbau aller 5 Jahre)
Weitere Informationen zum Landwirtschaftsbetrieb Kitzscher GmbH (Anfahrt, Öffnungszeiten, Website) finden Sie auf unserer Ab-Hofverkauf-Karte.