Zum 30. Betriebsjubiläum Ende August übernahm Paul Borrmann den Staffelstab von Karl Günther und verstärkt nun die Leitung des Unternehmens. Damit verantwortet der gelernte Landwirt und studierte Master in Agrarwirtschaft im Alter von gerade einmal 25 Jahren 160 Hektar Kartoffelanbaufläche im Erzgebirge.
Im Gespräch schildert Paul Borrmann unter anderem, wie er in dieser Position voranschreiten möchte, welche Aufgaben der Betrieb bewältigt und natürlich was sein liebstes Kartoffelgericht ist. Seine Antworten geben spannenden Einblick in das Selbstverständnis einer neue Generation von Landwirten und zeigen auf, mit welchen Hürden dieses Arbeitsfeld heute und zukünftig verbunden ist.
Das Interview mit Paul Borrmann wurde von Ariane Weiß, Geschäftsführerin des Sächsischen Kartoffelverbandes e.V. im Rahmen der Reihe // Mitglieder im Interview // geführt.
Die Katzensteiner Agrar GmbH ist seit 1991 Mitglied im Sächsischen Kartoffelverband e.V.
Im Interview -Paul Borrmann, Geschäftsführer der Katzensteiner Agrar GmbH
Was ist Ihr Sie haben mit 25 Jahren die Leitung der Katzensteiner Agrar GmbH übernommen. Was heißt das für Sie ganz persönlich? Was sind die größten Hürden, die jetzt zu nehmen sind?
Anlässlich des 30. Betriebsjubiläums der Katzensteiner Agrar GmbH wurde mir der Staffelstab am 27.08.21 von meinem Vorgänger Karl Günther übergeben. Karl Günther ist deutschlandweit eine anerkannte Größe im Kartoffelsektor und auch Vorsitzende des Sächsischen Kartoffelverbandes. In zahlreichen Berufsjahren hat er sich einen großen Erfahrungsschatz und umfangreiches Fachwissen angeeignet, auf welches auch andere Betriebe und Kollegen gern zurückgreifen. Er hinterlässt große Fußspuren, die es zu füllen gilt. Um meinen eigenen Weg zu gehen, welcher auf der bisherigen Wirtschaftsweise basiert, muss ich nun eigene Erfahrungen sammeln, die Augen und Ohren für Neues offen halten und jeden Tag dazu lernen.
Was ist Ihre oberste Devise?
Zunächst ist es für mich erst einmal wichtig, dass die Arbeit mit den Kartoffeln fachlich richtig durchgeführt wird. Nur so ist es möglich hochwertiges Pflanzgut zu erzeugen.
Wie sehen Sie die gesellschaftliche Diskussion über die Landwirtschaft?
Von Seiten der Landwirtschaft hätte ich mir in der Vergangenheit etwas mehr Engagement gewünscht. Der städtische Bürger verstand bis vor kurzen unter einem Bauern noch jemanden, der fünf Kühe und zwei Schweine betreut und den Großteil des Tages mit einem alten Traktor unterwegs ist. Dem gegenüber stehen die Berichte aus den Medien mit Massentierhaltung, Pestiziden und Gülle im Grundwasser. Die Landwirtschaft hat es in der Vergangenheit versäumt, den Weg von den fünf Kühen in Anbindehaltung zu den 500 Kühen im modernen Boxenlaufstall mit frei laufenden Kühen und automatischem Melksystem zu erklären. Unsere Aufgabe ist es nun, die tatsächlichen Abläufe in der Landwirtschaft an die Bürger heranzutragen, denn nur wenn beide Seiten denselben Wissensstand haben, kann überhaupt erst diskutiert werden.
Wie werden bei Ihnen im Betrieb Kartoffeln angebaut?
Wir arbeiten im Beet-Verfahren, das heißt im Frühjahr werden Dämme gezogen, die 1,80 Meter breit und 0,50 Meter hoch sind. Diese Dämme werden gesiebt, um ein steinfreies Pflanzbeet zu bekommen. Dabei werden die großen Steine abgefahren und die kleinen Steine in die Furche zwischen zwei Dämme gelegt. In einen gesiebten Damm werden dann zwei Reihen Kartoffeln mit einem Reihenabstand von 75 cm gepflanzt.
Welche Kartoffeln sind Ihr liebstes Kind – die Speise- oder die Pflanzkartoffeln?
Die Pflanzkartoffeln sind mir lieber und sie nehmen mich mehr in Anspruch, denn erstens sind sie vom Anbauumfang deutlich mehr und zweitens muss ich mich viel intensiver mit jeder einzelnen Sorte und Partie beschäftigen. Das ist für mich ein sehr spannender Lernprozess.
Was tut der Betrieb für Umwelt, Natur und Klima?
Als reines Kartoffellagerhaus können wir nur begrenzt landwirtschaftlichen Umweltschutz betreiben. Unsere Anbaubetriebe hingegen sind mit Zwischenfrüchten, Blühflächen, Leguminosen, Lerchenfenstern und Ackerrandstreifen auf einem guten Weg der Umwelt etwas Gutes zu tun. Weiterhin gibt es Öko-Flächen, die von den Betrieben bewirtschaftet werden, zudem hat einer der Betriebe eigene Bienenvölker, welche auf umliegenden Flächen zur Bestäubung und Honigproduktion eingesetzt werden.
Was passiert aktuell in Ihrem Betrieb?
Derzeit liegt bei uns die Kartoffelernte an. Wir haben 160 Hektar Anbaufläche und somit circa 7.500 Tonnen Kartoffeln unter Dach zu bringen. Leider macht uns das nasse Wetter dabei immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Und das in zweierlei Hinsicht: zum einen können wir bei zu nassem Boden nicht ernten, da er nicht siebfähig ist und die Bodenverdichtungen zu hoch wären, zum anderen hat das anhaltend nasse Wetter dazu geführt, dass relativ viele faule Knollen in der Erde liegen. Es ist dabei sehr viel Fingerspitzengefühl nötig, die Fäule nicht auf weitere Knollen zu übertragen, da sonst die gesamte Ernte betroffen wäre.
Die Katzensteiner Agrar GmbH betreibt am Kartoffellagerhaus einen Hofladen. Was ist das Besondere an Ihrem Hofladen?
Unser Hofladen bietet zahlreiche Waren des täglichen Bedarfs. Dabei ist es uns wichtig, dass die Produkte von regionalen Anbietern kommen.
Darüber hinaus haben wir das ganze Jahr über Speisekartoffeln im Angebot. Durch unsere guten Lagerbedingungen ist uns dabei möglich, bis in den Juli hinein eigene Kartoffeln anzubieten. Die Zeit zwischen der abgeschlossenen und der nächsten Ernte überbrücken wir dann mit Frühkartoffeln anderer sächsischer Anbauer.
Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf den Betrieb?
Die Corona-Pandemie betraf uns als Betrieb der Primärproduktion nicht direkt. Es erforderte aber in der Zeit der Pflanzgutaufbereitung einen umfangreichen Schichtplan, um die Mitarbeiter in Gruppen einzuteilen. Diese Gruppen sollten nicht miteinander in Berührung kommen, um im Fall der Fälle nicht die komplette Belegschaft in Quarantäne schicken zu müssen. Glücklicherweise sind wir davon verschont geblieben.
Und zum Schluss, die Fragen zum Genuss: Welche ist Ihre Kartoffel-Lieblingssorte und wie essen Sie Kartoffeln am liebsten?
Die meisten unserer Kunden würden hier wohl die Laura nennen. Die Sorte mit der roten Schale und dem gelben Fleisch ist unser Verkaufsschlager. Mir selbst schmeckt die Wega sehr gut, sie ist festkochend und hat ebenfalls ein sehr gelbes Fleisch. Jedoch muss eine Sorte nicht in jedem Jahr gleich schmecken. Dieses Jahr hat beispielsweise die Sonne gefehlt, wodurch weniger Stärke eingelagert wurde und die Kartoffeln generell etwas fester kochen.
Wie ich persönlich Kartoffeln am liebsten esse, kann ich einfach beantworten: das Höchste, wozu eine Kartoffel verarbeitet werden kann, ist ein grüner Kloß.
Die Katzensteiner Agrar GmbH im Überblick:
Betriebsform:
GmbH
Betriebsleitung:
Paul Borrmann, Stefan Werner
Am Betrieb beteiligte Firmen:
Zwönitzer Agrargenossenschaft e.G.
Agrargenossenschaft Lößnitz-Stollberg e.G.
Weitere Anbaubetriebe:
Agrarbetrieb „Unteres Erzgebirge“ GmbH
Mitarbeitende:
20, davon 1 Lehrling
Kulturarten im Anbau:
wir selbst betreuen nur die Kartoffeln unserer Anbaubetriebe
Kartoffelanbaufläche gesamt:
Die KAZ verfügt über 160 Hektar Kartoffelanbaufläche. Auf 140 Hektar werden Pflanzkartoffeln angebaut und auf 20 Hektar Speisekartoffeln.
Anbaupause:
5 Jahre bis 7 Jahre
Besonderheiten beim Kartoffelanbau und Lagerung:
- Abgestimmte Düngung, Aufbau organischer Substanz
- weite Fruchtfolge
- Anbau in einer sogenannten Gesundlage, mit kaum virusübertragenden Blattläusen
- Schonende Ernte durch Beet-Verfahren mit Entsteinung im Frühjahr
- Lagerung aller Kartoffeln in Einzelboxen – sogenannten Paletten
- Lagerung aller Kartoffeln bei 3°C ohne Keimhemmungsmittel
- Anwärmen von Speisekartoffeln vor der Sortierung für eine schonende Aufbereitung
Meilensteine der Katzensteiner Agrar GmbH
- 1991 Gründung
- 1996 Umstellung von 6 auf 4- Reihigen Kartoffelanbau
- 1998 Erste Separierung
- 1999 Bau der „offenen Halle“ zur Nachernteabtrocknung der Kartoffeln
- 2000 Computergesteuerte Lagerhausbelüftung
- 2007 Erweiterung Kartoffellagerhaus
- 2013 Neue Kartoffelannahme
Weitere Informationen über die Katzensteiner Agrar GmbH (Anfahrt, Öffnungszeiten, Website) finden Sie auf unserer Ab-Hofverkauf-Karte.