Weit im Osten Sachsens, in Rothenburg an der Neiße, gründete sich 1990 die Marktfrisch GmbH aus der bestehenden LPG heraus und entwickelte sich zu einem verlässlichen Handelspartner für die regionalen Gemüse- und Kartoffelerzeuger der Lausitz und für die regionalen Kunden im Handel, Großküchen und der Gastronomie. Gehandelt und verarbeitet wird das volle Sortiment an Obst, Gemüse und Kartoffeln. Wobei die frischen regionalen Produkte von den regionalen Erzeugern immer eine besondere Stellung haben. Die Rothenburger Marktfrisch GmbH wurde zu einem nicht unbedeutenden Arbeitgeber in dieser bevölkerungsarmen und strukturschwachen Region – ein Fels in der Brandung.
Vor sieben Jahren hat Rüdiger Hackel mit 36 Jahren die Geschäftsführung des Unternehmens übernommen. Der gebürtige Lausitzer hat in der Rothenburger Marktfrisch GmbH gelernt und kehrte nach seinem Studium und einigen Auslandspraktika in den Betrieb zurück. Er liebt seine Arbeit und seine Lausitz.
Das Interview mit Rüdiger Hackel wurde von Ariane Weiß, Geschäftsführerin des Sächsischen Kartoffelverbandes e.V. im Rahmen der Reihe // Mitglieder im Interview // geführt. Die Rothenburger Marktfrisch GmbH ist seit 1991 Mitglied im Sächsischen Kartoffelverband e.V.
Im Interview Rüdiger Hackel, Geschäftsführer der Rothenburger Marktfrisch Verarbeitungs- und Handelsgesellschaft mbH
Was ist Ihr Leitgedanke?
Was uns antreibt, ist die Freude an frischen Produkten, die Verwertung von Produkten aus der Lausitz und die Stärkung der Lausitz. Der Regionalgedanke ist uns besonders wichtig. Mit unserer Arbeit leisten wir einen Beitrag dazu, unsere eher strukturschwache Region vital und am Leben zu erhalten. Auch sind wir in unserer Region kein unbedeutender Arbeitgeber. Konkret heißt das, dass wir frische Produkte von den regionalen Gemüse- und Kartoffelproduzenten beziehen. Diese langjährige, enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Partnern ist für uns sehr wertvoll. Auch vergeben wir Aufträge an regionale Handwerker und Dienstleister.
Die Arbeit mit frischen Produkten ist kein nullachtfünfzehn-Job, sie ist jeden Tag anders, spannend, schnell und interessant.
Wie werden bei Ihnen im Betrieb Kartoffeln verwertet?
Grundsätzlich arbeiten wir mit fünf regionalen Kartoffelerzeugern zusammen, mit denen wir langfristige Anbauverträge haben. Mengen und die Auswahl der Sorten stimmen wir gemeinsam ab. Nach der Ernte werden die Kartoffeln teils bei uns und teils bei den Erzeugern gelagert. Wir haben zwei Vermarktungslinien: die Frischkartoffelabpackung in 2½, 4, 10 oder 25 Kilogrammsäcke für den Handel oder auch Küchen, die selber schälen und die Veredlung, in der die Kartoffeln geschält, eventuell geschnitten, roh oder vorgegart und vakuumiert für Gastronomen, Hotels und Caterer verpackt werden.
Welche Kartoffeln sind Ihr liebstes Kind – abgepackte oder veredelte Kartoffeln?
Die Frage kann ich so gar nicht beantworten. Unsere Aufgabe ist es, Kartoffeln ordentlich, sachgemäß zu vermarkten und den Kundenwünschen gerecht zu werden. Insofern ist mir das liebste Kind, das Produkt womit der Kunde glücklich ist.
Wie sehen Sie die gesellschaftliche Diskussion über die Land- und Ernährungswirtschaft?
Lebensmittel sind das Wichtigste, was wir haben. Doch sie haben nicht den gesellschaftlichen Stellenwert, den sie haben sollten. Deshalb halte ich es grundsätzlich für richtig, dass in einem permanenten und unaufgeregten Prozess über die Qualität unserer Lebensmittel nachgedacht und gesellschaftlich debattiert wird. Für schwierig erachte ich allerdings Aktionismus und Schnellschüsse, die teilweise passieren, wo Regelungen getroffen werden die noch keinen echten Lösungsansatz haben oder im Heimatmarkt Dinge verboten werden, die dann von außerhalb importiert werden. Hier muss man sich schon mal die Frage stellen, wem damit geholfen ist.
Auch sehe ich die Auswirkungen kritisch, wenn bestimmte Pflanzenschutzmittel verboten werden. Als Lagerer sind wir direkt betroffen, da es z.B. noch keine kosten- und wirkungsgleiche Alternativen zu einem verbotenen Keimhemmungsmittel gibt. Als Handelspartner betreffen uns aber auch die Probleme unserer Erzeuger. Zum Beispiel können durch den Wegfall bestimmter Pflanzenschutzmittel die Handelsnormen nicht erfüllt werden. Damit wird der Anteil an mangelbehafteter Ware größer und es steht weniger vermarktungsfähige Ware zur Verfügung. Die Handelsnormen müssten zumindest für rein optische Mängel angepasst werden – z.B. dass Insektenfraßlöcher in Kohlrabiblättern akzeptiert würden. Mitunter müssen sich die Erzeuger auch von diesen Kulturarten verabschieden, weil sie die Verluste nicht verkraften und der bürokratische und finanzielle Aufwand zu hoch ist. Das Ergebnis ist dann weniger statt mehr Kulturarten und Biodiversität. Wir als Vermarkter können dann nur weniger Produkte aus regionaler Erzeugung vermarkten.
Was tut die Marktfrisch für Umwelt, Natur und Klima? die Pflanzkartoffeln?
Mit der Regionalität und den kurzen Wegen haben wir per se schon mal einen Ansatz, der umweltfreundlich ist. Durch unsere eigene Logistik können wir Leerfahrten minimieren, indem wir die Rückfahrt von Auslieferungen für die Abholung von frischer Ware von unseren Erzeugern nutzen.
Außerdem haben wir auf unseren Lagerhallen eine Photovoltaikanlage, mit der wir Ökostrom erzeugen. Weiterhin sind wir natürlich ständig dabei durch die Erneuerung technischer Anlagen oder der Beleuchtung auf ressourcensparendere Technologien umzurüsten.
Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf den Betrieb?
Insgesamt haben wir weniger Kartoffeln vermarktet als gewöhnlich. Unsere Kunden aus der Gastronomie und Hotellerie haben deutlich weniger, der Einzelhandel etwas mehr Kartoffeln bestellt. Dadurch mussten die Kartoffeln länger gelagert werden, was zusätzliche Kosten verursachte und die Qualität nicht unbedingt verbesserte. Wir konnten nicht alle Kartoffeln unserer Partner vermarkten und wir haben nicht wie sonst Frühkartoffeln aus anderen Regionen zugekauft.
Was passiert aktuell in Ihrem Betrieb?
Die letzten zwei Corona-Jahre haben wir genutzt, um unsere Anlagen und Prozesse zu modernisieren. Ansonsten müssen wir aktuell täglich sehen, welche Anforderungen gelten heute und welche in der nächsten Woche und wie kriegen wir die Prozesse so gestaltet, dass wir am Ende unter Einhaltung der gegebenen Rahmen- und Hygienebedingungen pünktlich beim Kunden mit der richtigen Ware sind. Momentan sind wir dabei, nach vorn zu schauen und uns für die nächsten Jahre neu aufzustellen.
Warum betreibt die Marktfrisch keinen Hofladen??
Wir pflegen vertrauensvolle Geschäftsbeziehungen zu den umliegenden Einzelhändlern, die unsere Kunden sind. Deshalb haben wir uns entschlossen, keinen eigenen Hofladen zu betreiben.
Was verbindet Sie persönlich mit der Lausitz?
Ich bin in der Lausitz aufgewachsen, habe hier gelernt und bin nach dem Studium wieder hierher zurückgekehrt.
Die Lausitz ist eine wunderschöne Region – landschaftlich einmalig schön. Die muss man sich unbedingt mal ansehen kommen. Die Lausitz hat ganz unterschiedliche Landschaften: Berge des Zittauer Gebirges, die Lausitzer Heide- und Teichlandschaft, bis hin zum Spreewald.
Und zum Schluss, die Fragen zum Genuss: Welche ist Ihre Kartoffel-Lieblingssorte und wie essen Sie Kartoffeln am liebsten?
Meine Lieblingssorte ist Laura, die ich am liebsten als „langweilige“ Salzkartoffel esse. Dabei ist es mir ziemlich egal, was es dazu gibt – Hauptsache es gibt Kartoffeln und das fast jeden Tag.
Die Rothenburger Marktfrisch Verarbeitungs- und Handelsgesellschaft mbH im Überblick:
Betriebsform: GmbH
Geschäftsführung: Rüdiger Hackel
Mitarbeitende: 100 und 2 Azubis
Ausbildung in den Berufen: …. – Fachkraft für Lagerlogistik
……………………………………………… – Groß- und Außenhandelskaufmann
……………………………………………….– Bürokaufmann
Kartoffelanbaufläche der Vertragspartner: 100 Hektar
Meilensteine der Rothenburger Marktfrisch Verarbeitungs- und Handelsgesellschaft mbH
- 1990 Gründung von Marktfrisch als GmbH aus der bestehenden LPG …………………..heraus und Investition in eine neue Frischkartoffelabpackung
- 1994 Umstellung der LKW Flotte auf Kühlfahrzeuge
- 1998/99 Erneuerung des bereits bestehenden Kartoffelverarbeitungs-. …………………..betriebes mit moderner Schältechnik
- 1999 Erweiterung des Gemüselagers um einen Büro- und Sozialtrakt
- 2000 Bau einer eigenen Firmentankstelle (damals mit Bio Diesel)
- 2003 Erweiterung der Frischkartoffelabpackung um eine weitere ………………….Abpacklinie
- 2005 Umbau des Logistiklagers mit modernem Rampensystem
- 2009 Installation der Photovoltaikanlage
- 2015/2021 Generationswechsel in der Geschäftsführung und Umstellung der …………………..gesamten Datenverarbeitungshardware, der Warenwirtschaft und …………………..Softwareanbieter auf moderne schnittstellenfähige Lösungen
- 2021 Erneuerung der Kartoffelschälanlage